Sonntag, April 30, 2006

Se"Lektion" 29.4


Wir schreiben den 29.April ; da der Grillausflug zu den Schwiegereltern wegen schlechtem Wetters abgesagt wurde, tat sich die Möglichkeit einer Angelsession auf.
Denn schlechte Witterung zum Grillen bedeutet noch lange kein schlechtes Wetter zum fischen. Nachdem ich meinen Entschluß gefasst hatte, wurde ich noch mit einem leichten Kopfschütteln und einem verständnisslosen Lächeln meiner Freundin an der Wohnungstür verabschiedet. Ich konnte ihre Gedanken förmlich hören ("der hat´s wirklich nicht mehr in der Birne , nicht mal einen Hund schickt man dem Wetter auf die Strasse - aber bitte , wenn er glaubt ...usw. "). Ok , wir hatten 8°C und strömenden Regen. Aber was war das schon für einen Angelsüchtler , wie ich einer bin. Ich wußte , heute wurde der anglerische Spreu vom Weizen getrennt , heute würden nur die hartgesottensten aller Männer ihre Köder im Wasser haben. Nur die Härtesten würden heute Fische fangen. Den nur die Wahnsinnigsten gingen bei diesen Bedingungen angeln. Und dafür war ich bekannt. Und so lud ich mein Tackle in meinen wieder auf vordermann gebrachten Kombi ( der "Platten" von voriger Woche war behoben, ein Öl und Filterwechsel war gemacht , die Bremsschläche erneuert und neue Wischerblätter montiert - das ganze war gleich im Zuge des jährlichen "Pickerls" durchgeführt worden ), kroch frohen Mutes bei Regenstürmen über die Autobahn , um endlich um 10:30 am Teich angekommen zu sein. Uhh - da standen 2 Autos. Unglaublich. Es gab noch andere Irre. Dachte ich zumindest. Also meine Bundeswehr-Goretex-Nässeschutzhose und Jacke übergestreift, Tackle geschultert und ran ans Wasser. Als ich bei der Vereinshütte vorbeikam , saßen die beiden vermuteten Angelkollegen aber bei einem Bier unter dem Vordach und lächelten mir schon von Weitem entgegen. Ich grüßte , und sie erwiderten mit einem "Servas Alex , heit brauchst gor ned auspockn - bei so an Temperatursturz host sowieso kan Biss...". Naja meinte ich , ich probier´s halt doch. "Tjo wiest manst , oba raunz nocha ned , hahahahaha". Das wollten wir doch erstmal sehen. Und tatsächlich , ich war am ganzen Gewässer der Einzige , der in aller Ruhe seinen Allwetterschutz , seinen Schirm und seine Ruten an diesem Tag aufbaute. Wenigstens hatte ich heute keine Probleme mit der Platzwahl , hehe. Das Wetter war wirklich kein Zuckerschlecken , der starke Wind peitschte die Regentropfen wie Maschinengewehrfeuer gegen meine Schutzplane und die Temperatur ließ meine Finger schon jetzt steif werden. Hier in der Ebene des nördlichen Burgenlandes war es offensichtlich noch kälter als zuhause in Wien und die Feuchtigkeit kroch mir bis zu den Knien die Hose hoch. Doch all das konnte meinen Willen nicht brechen , doch vielleicht den einen oder anderen Karpfen zu einem Landgang zu überreden. Und so legte ich meine Festbleimontage mit einer 4er Maiskette direkt neben eine kleine Insel in ca. 35m Entfernung. Mit anderen Rute feederte ich wieder mit meiner Sludge-Kombination aus Futterkorb und Medusa-Rig. Keine 15 Minuten waren vergangen und ich konnte die ersten zaghaften Bisse an der Feederspitze ausmachen um im direkten Anschluss einen 30er Brachsen über den Kescherrand zu führen. Hahaa , wo waren sie die Ahnungslosen , die meinten man könnte heute nichts fangen. Also neue Maden aufs Haar und Montage wieder ins Wasser. An der Maiskette rührte sich nichts. Es wurden ein paar tennisballgroße Futterbälle nachgeworfen und ich begann wieder die Rutenspitze zu fixieren , was sich bei dem starken Wind als kein einfaches Unterfangen herausstellte. Zwischendurch mein "Bergsteigersemmerl und Cola Menü" und warten. Dann doch wieder ein Biss und ich konnte einen kleinen wunderschönen Schuppenkarpfen in die Kameralinse halten. Ja es hatte sich jetzt schon ausgezahlt wieder ans Wasser gefahren zu sein. Und wieder nicht "schneider". Es ging also doch was. Kaum hatte ich den kleinen Burschen wieder in sein Element entlassen , Run auf der Grundrute. Anschlag, zack ... und ich drillte einen etwas besserer Größe. Kurze Zeit später konnte ich mich über einen 5pfündigen Spiegler freuen , was meine Körpertemperatur wieder etwas in die Höhe trieb. Mittlerweile war es 13 Uhr und der Regen wurde immer stärker. Die dunklen Wolken zogen bedrohlich wirkend über den Himmel , als wollten sie mir sagen , daß es nun genug sei und ich endlich zusammenpacken sollte. Doch die hatten die Rechnung nicht mit dem Sludge gemacht. Jetzt hatte ich Blut gerochen und da war ich ganz gefährlich. Beide Ruten wieder neu beködert und die Montagen zurück an die Stellen wo sie sein sollten . Am Teich , unter Wasser , am Grund . In der warmen Stube zuhause konnte man keine Fische fangen...insgeheim war ich stolz auf mich trotz widrigster Bedigungen doch angeln gegangen zu sein. Obwohl es wirklich hart war in diesen Stunden am Teich , hatte ich ein kaum zu beschreibendes Gefühl der seelischen Befriedigung , daß ich an normalen Angeltagen eigentlich nicht in diesem Ausmaß verspürte. Ich trotzte der Regen u. Temperaturhölle. Wie ein Fels in der Brandung sah ich mich am Ufer sitzen und auf den nächsten Run warten. Und der kam. 15:20 - der Einhängebissanzeiger ließ die straffe Schnur aus seinen Fängen und schnellte gegen den Rutenplank. Anhieb , Drill und der nächste ordentliche Spiegler blinzelte ins Blitzlicht der Kamera. Und ich war noch nicht bereit meine Sachen zu packen. Nein nicht jetzt , vielleicht war das meine Sternstunde des Karpfenangelns und verflüchtigte mich in Gedanken an die ganz Großen in diesem Gewässer - träumte von den 40Pfündern , die vermutlich 5m vor mir entfernt ihre Runden in den dunklen Abgründen des Wassers drehten und im ganzen Teich nur mein Köder im Wasser lag.
Dann Biss auf der Feeder und die Spitze bog sich gen Öberfläche. Ich war zurück in der Realität . Guter 10min Drill und ich hatte einen schönen 9pfündigen Spiegler auf meinem Konto. Kurzes Fotoshooting und retour ins Wasser , obwohl er heute vermutlich kein Problem damit gehabt hätte bei mir unter der Plane zu übernachten , da sich mittlerweile tiefe Lacken unter meinen Füßen gebildet hatten und ich knöcheltief im Schlamm saß. Egal. Nun war ich soweit heim zu fahren. Also noch eine letzte durchnässte Zigarette. Kaum angezündet, wieder Biss auf der Feeder und ein letzter freundlich dreinschauender kleinerer Schuppenkarpfen verließ kurze Zeit später meine Hände in die Freiheit. Resumee : 5 Karpfen und eine Brachse an einem Tag wo man nichts fangen kann. Während ich mein kleines Camp im strömenden Regen abbaute , freute ich mich hämisch über die verdutzten Gesichter der beiden Anglerkollegen , wenn ich ihnen jetzt die Digitalkamera unter die Nase halten würde. Doch an der Hütte angekommen , mußte ich feststellen , daß keiner mehr da war , die vermutlich zu Hause vor dem Fernseher saßen und vom Angeln bei strahlendem Sonnenschein träumten , während andere ihr Fische in der Realität fingen. Was war wohl besser ?
Um 19Uhr saß ich in der Unterhose vor meinem PC und ergötzte mich an den Fotos des heutigen Tages , die nie entstanden wären , wenn ich so gehandelt hätte , wie andere es mir geraten hatten. Und wie ich es immer vermutet habe , man kann nur Fische fangen wenn der Köder im Wasser liegt - egal wie es oberhalb der Wasseroberfläche aussieht...
tight lines
sludgE